Powder satt in Andermatt
Der gemütliche Skiort im Schweizer Kanton Uri ist bekannt für seine grandiosen Freeride-Möglichkeiten. Am Gemsstock auf knapp 3000 Metern ist nicht nur das Bergpanorama überwältigend, sondern auch die Vielseitigkeit des Geländes – selbst an nebligen Tagen.
Einiges hat sich in Andermatt getan, seit ein ägyptischer Investor mit seinen Millionen versucht, das Besuchererlebnis im Urserental zu verbessern. Doch egal wie spektakulär die Investitionen von Samih Sawiris auch sein mögen, auf eine Sache hat kein Geld der Welt Einfluss. Die Mengen an Neuschnee, mit denen der ehemalige Stützpunkt des Schweizer Militärs jedes Jahr gesegnet wird. Auch die durch vielfältige Geländeformationen geprägten Geländeabfahrten bleiben unberührt von alledem, was sich unten im Ort abspielt.
Seit dem Zusammenschluss mit dem Skigebiet Sedrun in der Saison 2018/19 sind die 120 Pistenkilometer des Skigebiets noch leichter erreichbar und ab Sommer 2019 wird auch die Verbindung ins Skigebiet Disentis in Betrieb genommen. Die Attraktivität des Schweizer Traditionsresorts profitiert enorm von wachsenden Investitionen und steigenden Besucherzahlen. Doch das wirklich spannende findet außerhalb markierter Wege statt. Und um den unvergleichlichen Möglichkeiten im Powder Rechnung zu tragen, hat der gebürtige US-Amerikaner Dan Loutrel Andermatt Guides und die Freeride Academy ins Leben gerufen. Ob Einsteiger im Gelände oder waschechter Powder-Profi auf der Suche nach den besten Lines in Andermatt, Dan und seine vierköpfige Truppe aus erfahrenen Bergführern kennen sich in Andermatt aus wie kaum jemand sonst.
Andermatt Guides: Die Freeride-Profis des Skigebiets
Dan kam als Ski Bum in die Zentralschweiz, verdingte sich zunächst als Klempnergehilfe und presste seine eigenen Skier. Doch weil er bei jedem noch so geringen Schneefall lieber selbst auf den Brettern stand, schloss er schließlich die Bergführerausbildung ab, um zukünftig nie wieder auf frischen Powder verzichten zu müssen. Inzwischen spricht er fließend Schweizerdeutsch und ist eines der bekanntesten Gesichter auf und abseits der Pisten in Andermatt. Sein liebstes Terrain ist natürlich der Gemsstock.
An der Talstation der Gurschenbahn, die den ersten Teil hinauf zum Gemsstock zurücklegt, treffen wir ihn an einem nebligen Morgen, der nur wenig Hoffnung auf eine ertragreiche Entdeckungstour durch das Gelände rund um den berühmten Berg macht. Doch Dan hat, wie in den meisten Fällen, einen Plan B: „Keine Sicht? Dann fahren wir halt Couloirs!“ Durch das Felsental hinab in die Andermatter Nachbargemeinde Hospental führt eine Reihe aufregender Felsrinnen, sogenannter Couloirs. Durch den starken Kontrast hebt sich der dunkle Stein vom weißen Schnee ab und sorgt selbst bei dichtem Nebel für ausreichende Sicht. Jedoch ist die Orientierung im Gelände äußerst schwierig, weshalb ein ortskundiger Guide unabdingbar ist.
Freeriden in Andermatt: Couloirs wollen gelernt sein
Dan führt uns von Rinne zu Rinne, eine steiler und schmaler als die andere. Geschützt vom Wind finden wir in den Couloirs tatsächlich noch fluffigen Powder vor, den nicht einmal Dan so Recht erwartet hatte. Der letzte Schneefall lag schon einige Wochen zurück. Mit engen Schwüngen geht es hinab. Vorsicht ist geboten, denn Rinnen gehören zu den anspruchsvollsten Disziplinen des Freeridens. Wer zu defensiv in die Kurve geht, nimmt zu viel Geschwindigkeit auf und wer zu schnell fährt, läuft Gefahr die Kontrolle zu verlieren und in den Fels zu brettern.
Im Tal angekommen geht es direkt wieder hinauf auf den Gemsstock, um auf der zweiten Abfahrt die andere Seite auszuchecken. Nach Norden raus geht es zur „Giraffe“, einer weiteren Abfahrt voller Couloirs, die im Unteralptal endet. Die Traverse zum Eingang des Hanges ist keine leichte Aufgabe und erfordert erneut gute Ortskenntnis. Trotz des „Downday“-Wetters finden wir einige Triebschneeansammlungen im eher flachen Gelände auf der weiten Bowl bevor es wieder in die schmalen Felsrinnen hinein geht. Rinnen sind häufig eine tückische Falle bei Lawinenabgängen, da sie die Schneemassen kanalisieren und keinen Ausweg nach links oder rechts lassen. Die Giraffe hat in diesem Winter jedoch noch keine Lawine erlebt und die derzeitige geringe Lawinengefahr macht die Abfahrt unbedenklich. Doch um dies hinreichend bewerten zu können, sollte man über umfassendes Know-How, Erfahrung und Kenntnis über die Schneedecke verfügen.
Als wir den Talboden erreichen und uns auf den Rückweg nach Andermatt machen, macht sich der Nebel wieder bemerkbar. Für die Zeit der beiden Abfahrten am Gemsstock war das schlechte Wetter beinahe vergessen, da das Alternativprogramm kaum Grund zur Beschwerde ließen. Die Erkenntnis des Tages: Das Off-Piste-Terrain von Andermatt hat es in sich und erinnert an rassige Powderabfahrten in Kicking Horse oder Silverton. Denn auch wenn das Wetter mal nicht so mitspielt, erwischt man am Gemsstock dennoch sichere und aufregende Runs.
Insider-Tipp
Direkt an der Talstation der Gondel auf den Gemsstock befindet sich der Skishop von Sport Imholz, Andermatts bestem Verleih für Freeride-Equipment: Lawinenrucksack, LSV-Ausrüstung und die passenden Ski bzw. das passende Snowboard. Durch den erstklassigen Material-Service können die rostigen Kanten der eigenen Bretter nochmal aufpoliert werden. Der Shop ist auch Sammelstelle für das Freeride Guiding der Andermatt Guides und für die Einsteigerkurse der Freeride Academy. Wer einen Guide gebucht hat, bekommt an Downdays, an denen das liftunterstützte Freeriden nicht möglich ist, Tourenequipment gratis dazu. Und niemand verlässt den Shop nach einem grandiosen Skitag, ohne einen wohltuenden Schnaps mit den herzlichen Mitarbeitern getrunken zu haben.
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