Skeena Cat Skiing in BC: Auf Katzenpfaden zum Base Camp
No friends on powder days? Dieses Motto gilt bei Skeena Cat Ski im nördlichen British Columbia definitiv nicht. Wie mit einer Gruppe von Kumpels zieht man mit dem Catskiing-Anbieter durch die malerischen Berge in Kanadas Westen. Äußerst professionelle Kumpels: Die wissen nämlich nicht nur, wie man sich amüsiert, sondern auch, wie man noch spät in der Saison den besten Schnee aufspürt und selbst in der Wildnis bequem übernachtet.
Ein bisschen heuchlerisch komme ich mir schon vor. Es ist keine Woche her, da habe ich noch ein flammendes Plädoyer gegen Snowmobile gehalten, weil sie laut sind und stinken und abgelegenen Bergregionen ihren Zauber nehmen, wenn sie durch verträumte Winterwälder heulen. Bis dahin bin ich allerdings auch noch keines gefahren.
Jetzt stehe ich gemeinsam mit Jevon auf einer Höllenmaschine, die genauso viel Pferdestärken hat wie mein Bus zuhause, er rechts, ich links, beide eine Hand am Lenker und die andere am Griff in der Mitte – ein kanadisches Tandem. Gibt Jevon Gas, schießt der Rennschlitten so ruckartig über den Catski-Weg, dass meine Schultergelenke auf eine harte Probe gestellt werden. Um das Gefährt in der Spur zu halten, lehnen wir uns weit in die Kurven. Manchmal brauche ich eine kleine Erinnerung für die Gewichtsverlagerung. Oft schweift mein Blick einfach über die vorbeifliegenden Bäume und in der Ferne auftauchende Gipfel. Alle paar Hundert Meter unternehmen wir einen Ausflug in den Tiefschnee, damit der Motor von unten gekühlt wird. Zugegeben: Dass meine Mundwinkel unweigerlich nach oben gezogen werden, liegt nicht nur am Fahrtwind…
Skeena Cat Skiing im nördlichen British Columbia
Eigentlich bin ich aber zum Snowboarden hergekommen. 80 Kilometer von Smithers entfernt und nahe des Örtchens New Hazelton betreibt Jevon Zyp gemeinsam mit seiner Mutter Lynn das einzige Catskiing-Unternehmen im nördlichen British Columbia, gleichzeitig auch eines der jüngsten in Kanada. 2012 empfing das Team von Skeena Cat Skiing die ersten Gäste. Viele davon sind mittlerweile Stammkunden. Doch auch weit über die Grenzen von BC hinaus hat sich Skeena einen Namen gemacht.
„Einer unserer ältesten Gäste war ein über 80-jähriger Herr aus Deutschland“, erzählt Lynn. Darüber, wie ihm der Aufenthalt gefällt, ließ er seine Gastgeber lange im Unklaren. „Wir haben uns schon gewundert. Am Ende meinte er aber kurz und knapp: ‚Das Essen war gut, die Unterkunft war gut, das Catskiing war gut – wir Deutschen sagen das nur nicht so oft.‘ Da waren wir beruhigt.“ Grund zur Beunruhigung hätte es ohnehin nicht geben müssen, wie ich in den kommenden zwei Tagen feststelle. Dafür macht Skeena Cat Skiing mit dem riesigen Terrain – einem der größten in Nordamerika – und dem sympathisch bodenständigen Team einfach zu viel Spaß.
Begrüßt werden wir bei unserer Ankunft gleich dreifach: von einem größeren, aber recht zurückhaltenden Hund, einem kleineren wuscheligen, der die Sträucher der Umgebung mit seinem Schwanz ganz alleine von losen Ästen befreit zu haben scheint, und von Lynn. Sie führt unsere Reisegruppe in die Lodge.
Lodge-Komfort oder Base Camp-Abenteuer
Normalerweise übernachten Gäste von Skeena Cat Skiing in einem Base Camp mitten in der Wildnis. Das wurde aber mittlerweile für die Sommerpause eingemottet. So entfällt ein wenig Bergabenteuer, dafür genießen wir die Gemütlichkeit in der ursprünglichen Lodge. Im großen Aufenthaltsraum stehen ein Billardtisch, eine Bar und ein Kamin, den Lynn mit Steinen selbst verziert hat. Wer vor dem Einschlafen gerne warme Füße hat, übernachtet im ersten Stock im Raum direkt über der Feuerstelle. Fußbodenheizung à la Skeena.
Am nächsten Morgen machen wir uns schon früh auf den Weg. Eigentlich früher, als mir lieb ist, denn die Uhren wurden soeben auf Sommerzeit umgestellt. Zudem haben sich die beiden Lodge-Hunde am Vorabend unter meinem Fenster ein Gesangsduell mit den vierbeinigen Kollegen unten im Ort geliefert. Vielleicht war das atmosphärisch von den Felsen wiederhallende Bellen ja als Schlaflied gedacht…
Von der Lodge bis zum Startpunkt fürs Catskiing sind es etwa 50 Minuten. Auf dem schmalen, verschneiten Weg wird der Pick-up ordentlich durchgeschüttelt. Wer sich den Bauch mit dem köstlichen Frühstück von Köchin Jenn vollgeschlagen hat, macht sich spätestens jetzt gedanklich eine Notiz, es am nächsten Morgen nicht zu übertreiben.
Auf Schneemobilen über Cat Tracks
Am Treffpunkt angekommen zieht eine zweite Gruppe vor uns mit der Pistenraupe los. Wir bekommen ausnahmsweise eine kleine Sonderbehandlung: Jevon und ich düsen im Tandem auf dem Snowmobile los, Brian aus Squamish, einem Örtchen zwischen Vancouver und Whistler, zuckelt in einer Art Mofa-Version des Motorschlittens hinterher. Die anderen machen es sich neben Fahrer Kevin im Führerhaus einer regulären Cat gemütlich. Nach und nach trudeln wir alle an einem der höchsten Punkte im Gebiet ein.
Die Aussicht von dort ist gigantisch, schneebedeckte Gipfel und makellose Hänge, soweit das Auge reicht. Einzig die Cat Tracks, die schmalen Wege für die Pistenraupen, sowie die vereinzelten Türme, die Funksignale über die Bergrücken in die Täler leiten, verraten die gelegentliche Gegenwart von Menschen.
Die beiden Snowmobile lassen wir einfach am Wegrand stehen – Diebstahl ist mitten im Nirgendwo keine ernstzunehmende Bedrohung. Vandalismus schon eher, aber nicht zu dieser Jahreszeit, da die potenziellen Täter noch tief im Reich der Träume weilen. Einmal habe ein Bär im Sommer den Sattel eines Snowmobiles komplett zerfetzt, erzählt Jevon.
Powdern auch im Frühling
Darüber machen wir uns Mitte März keine Sorgen. Schon eher kommt Jevon wegen der Schneequalität ins Grübeln. „Zuletzt war es ziemlich sonnig“, erklärt er beinahe entschuldigend, bevor er uns auf den ersten Hang führt. Tatsächlich kratzen die Kanten des Boards zunächst ein wenig Kruste an den Stellen auf, an denen angetauter Schnee wieder gefroren ist. Doch sich darüber zu beschweren hieße klagen auf sehr hohem Niveau, zumal wir fünf, sechs Turns später durch wundervoll leichten Powder surfen. Und die nächsten Runs sind noch besser, teilweise etwas kurz, aber auch mit angenehm steilen Passagen.
„In unserem Gebiet haben wir für jeden Geschmack etwas dabei“, sagt Jevon, der spät in der Saison genau hinschauen muss, um die besten Bedingungen zu finden. Über genug Erfahrung dafür verfügt er auf jeden Fall. Schon in jungen Jahren arbeitete er als Tailguide, baute Wege für andere Catski-Unternehmen und unterstützte Minenfirmen bei ihren Erkundungen. Das heutige Skeena Catskiing-Terrain sicherte er sich mit Mitte 20. Doch es sollten noch ein paar Jahre vergehen, bis er seinen Traum verwirklichen konnte. „Mir haben damals einfach die Mittel gefehlt“, sagt er.
Catskiing Old School
Mittlerweile läuft das Geschäft und auch unser Tag hat Tempo aufgenommen. Kaum ziehen wir unten die letzte Kurve in den Hang, walzt auch schon die Cat heran. Boards und Ski werfen wir auf die Ladefläche und klettern hinterher – Catskiing Old School. Natürlich nur eine Ausnahme, da eine der Cats gerade repariert wird, aber bei strahlendem Sonnenschein ist gegen eine Cabriofahrt rein gar nichts einzuwenden. Der von den Ketten hochgeschleuderte Schnee verschafft sogar ein wenig Abkühlung.
Diese unkompliziert Art, Probleme zu lösen, passt perfekt zum ersten Eindruck von Skeena Cat Skiing: lässig, entspannt, wie mit Freunden unterwegs, fast wie der Gegenentwurf zu noblen Catskiing-Lodges wie Island Lake Catskiing bei Fernie . „Hier läuft alles total familiär ab, wir kennen alle Gäste mit Namen“, erklärt Tailguide Karla, warum sie gerne für das Unternehmen arbeitet. „Auch wenn zwei Gruppen im Gelände unterwegs sind, geht es nie darum, mehr Vertical Feet abzureißen als die anderen. Alle wollen zusammen einfach eine gute Zeit haben.“
Und die verbringt man nach einem Tag im Powder normalerweise mitten in den Bergen, in einem Base Camp, das Skeena Cat Skiing von anderen Anbietern deutlich unterscheidet. Wie das perfekt getarnte Versteck eine Superschurken im Agentenfilm fügen sich die weißen Zelte in die Schneelandschaft ein. Zwölf Gäste und die Crew können hier übernachten, sogar Duschen und ein großes Aufenthaltszelt mit Kochecke und Ofen gibt es. Die Ledercouch wurde für den Sommer herausgeholt – nicht, dass sie das gleiche Schicksal teilt wie Jevons Snowmobile-Sitz, sollte ein neugieriger Bär vorbekommen.
Für Langschläfer unter den Freeridern
Wintersportler erleben hier oben die Full-Mountain-Experience, sagt Jevon. „Du hast dieses fantastische Bergpanorama um dich herum. So kannst du morgens auch später aufstehen, denn innerhalb von zehn Minuten bist du beim ersten Run.“ Zudem liege das Camp an einem Punkt, an dem die Cat normalerweise umdrehen würde, wollte man am selben Tag noch zurück zur Lodge. So aber stünde den Gästen am nächsten Tag noch weiteres Terrain zur Verfügung.
Für unseren Aufenthalt ist das aber nicht nötig, wir haben zwei Tage lang mehr als genug Platz im Tiefschneespielplatz. Den schönsten Run nehmen wir direkt zweimal – eine bis dato unbenannte Abfahrt, die wir spontan „Twice is nice“ taufen. Ob der Name beibehalten wird? Sollte es so sein, wäre SKI KANADA jedenfalls stolzer Taufpate.
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